Die Nummer gegen Kummer

Beratungsangebot zum Ukrainekrieg 

Die Nummer gegen Kummer e.V. hat ein offenes Ohr für besorgte Kinder, Jugendliche und Eltern – natürlich auch bezüglich sozialpolitischer Themen.

Unter 116 111 ist das Kinder- und Jugendtelefon montags bis samstags zwischen 14 und 20 Uhr zu erreichen.

Unter https://www.nummergegenkummer.de/ findet sich zudem ein Online-Beratungsangebot, das rund um die Uhr für junge Menschen da ist.

Das Elterntelefon ist montags bis freitags durchgehend von 9 bis 17 Uhr, dienstags und donnerstags auch bis 19 Uhr, unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 111 0 550 zu erreichen. Hier können jederzeit vertrauliche Gespräche geführt werden.

Kinderschutzbund sammelt Spenden für geflüchtete Kinder aus der Ukraine

Der Putinsche Angriffskrieg auf die Ukraine ist ein unwiderruflicher Bruch mit den humanitären und zivilisatorischen Grundfesten unserer Gesellschaft. In verachtender Weise werden Menschen- und Kinderrechte mit den Füßen getreten. Wie immer in Kriegszeiten sind Kinder, Jugendliche, Frauen und ihre Familien die Leidtragenden der ersten Stunde. Der Kinderschutzbund, der einen Großteil seiner Wurzeln in der Nothilfe und Versorgung von Opfern der Kriegsfolgen hat, hilft.
Unterstützung vor Ort

Viele der 100 Orts- und Kreisverbände des Kinderschutzbundes in NRW halten Angebote für aus der Ukraine geflüchtete Kinder und Familien bereit. Dazu zählen Betreuungs- und Beratungsangebote, Lern- und Freizeitmöglichkeiten für Kinder, Kleidung, aber auch weitergehende Hilfen wie psychosoziale Begleitung, traumapädagogische Angebote und Therapien.


Wie können Sie spenden?Wir bitten Sie eindringlich um Ihre Mithilfe: Unterstützen Sie den Kinderschutzbund bei seinen Hilfsangeboten durch eine zweckgebundene Spende bei den Orts- und Kreisverbänden oder beim Kinderschutzbund Landesverband NRW unter dem Stichwort „Ukraine“,

Spendenkonto bei der Bank für Sozialwirtschaft, IBAN: DE61 3702 0500 0007 2622 00

Eine Spendenbescheinigung wird von den jeweiligen Organisationen ausgestellt. Jeder Cent kommt unmittelbar den Opfern des Kriegs zugute.

„Alle Kinder essen mit“

Wir möchten nochmals auf die Möglichkeit hinweisen.

Über den Härtefallfonds wird die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung in Schulen und Tageseinrichtungen für Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien, die keine Leistungen nach dem Bildungs- und Teilhabepaket erhalten, gefördert.

Dass sind Familien, die keine sozialen Leistungen beziehen, aber deren Einkommen vergleichbar gering ist.

Eine finanzielle Beteiligung der Eltern ist nicht erforderlich.

Darüber hinaus können neben der Teilnahme an der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung auch Ausgaben für die Teilnahme an einer mehrtägigen Klassenfahrt gefördert werden, soweit die Mittel des Härtefallfonds nicht schon über die Finanzierung des Mittagessens ausgeschöpft sind.

Für die Gewährung einer Leistung müssen die Eltern des Kindes einen Antrag bei der zuständigen Gemeinde stellen. Zuständig vor Ort sind in aller Regel die Stellen, die auch Anträge für Leistungen des SGB II und / oder des Bildungs- und Teilhabepakets entgegennehmen

Gegen die Schattenseiten von Kinder- und Jugendhilfe

Interview Geschäftsführerin Ulla Wessels mit Herr Stüber (Aachener Nachrichten)

Nordkreis Wie weit dürfen Pädagogen und Betreuer in der Kinder- und Jugendhilfe gehen? Wann beginnen Gängelung und Übergriffe, und wie können sich Betroffene wehren?

Wie weit darf Kinder- und Jugendhilfe des Staates im Namen des Kindeswohls gehen? Wann beginnt Gängelung, ab welchem Punkt kippt das Verhalten von betreuendem Personal sogar in psychische, mitunter sogar physische Gewaltausübung? Wie steht es dagegen um Beschwerdemöglichkeiten für Betroffene und deren Beteiligungsrechte bei der Gestaltung von Hilfs- und Erziehungsmaßnahmen, um (vermeintliche) Fehlentwicklungen zu korrigieren, Übergriffe aufzudecken und allein schon durch diese Kontrolloption vorbeugendes Problembewusstsein zu schaffen?

Umfangreichen Einblick in diese komplexe Materie, bei der es nicht selten um traurige Schicksale, aber zum Glück auch um Chancen auf eine bessere Zukunft geht, hat Ulla Wessels, Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes (DKSB) Würselen, Alsdorf, Herzogenrath, durch ihre tägliche Arbeit. Die Geschäftsstelle des DKSB ist im Gebäude Bardenberger Straße 6 in Würselen untergebracht und unter 02405/94488 erreichbar. Weitere Informationen gibt es unter www.dksb-wuerselen.de.

Wessels weist daraufhin, dass auf Grundlage des Kinder- und Jugendhilfestärkungsgesetzes (KJSG) eine Reform der entsprechenden Sozialgesetzgebung Mitte 2021 in Kraft getreten ist. Das Gesetz verpflichtet die zuständigen Behörden unter anderem zur Einrichtung von sogenannten Ombudsstellen, die unabhängig und fachlich nicht weisungsgebunden sind. Die Jugendämter in der Städteregion Aachen bereiten hierzu gemeinschaftlich ein entsprechendes Pilotprojekt vor, das am 1. Juli beginnen soll, für drei Jahre konzipiert ist und anschließend evaluiert (sach- und fachgerecht bewertet) wird. Finanziert wird die Ombudsstelle über die allgemeine Städteregionsumlage. Auch die Stadt Aachen soll beteiligt werden.

„Die Arbeit in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe ist eine große Herausforderung und menschlich eine erhebliche Belastung.“ Es gebe zwar regelmäßig Supervisionen für die Mitarbeiter, wobei es um Beratung, Reflexion des eigenen Handelns sowie Qualitätssicherung professioneller Arbeit gehe, aber das sei kein Allheilmittel.

Zudem spielten als Ursache für „überzogene Betreuungsmaßnahmen“ Personalknappheit und entsprechende Überforderung eine große Rolle. „Strukturen zu vermitteln und auf deren Einhaltung bei der Erziehung wert zu legen, ist natürlich grundsätzlich wichtig, aber wenn auf das sture Einhalten von Regeln bestanden wird, ohne differenziert die jeweilige Situation und die sehr unterschiedlichen Individuen, um deren Wohl es geht, zu berücksichtigen, drohen diese zum Selbstzweck zu werden“, sagt Wessels und spricht von „grauer Pädagogik“.

Um dies durch „Praxisbeispiele“ deutlich zu machen, hat sie aus der Klientel, die sie betreut, eine junge Frau zum Gespräch hinzugebeten, die bis vor kurzem noch mit ihrer Tochter in einem Mutter-Kind-Heim in der Region lebte, mittlerweile aber dank Begleitung auf eigenen Füßen steht, die aber ihren Namen nicht genannt wissen möchte. Der Übergang von der Heimunterbringung in die eigene Wohnung wurde in diesem Fall übrigens finanziell durch das Hilfswerk „Menschen helfen Menschen“ unserer Zeitung und Spenden unserer Leser unterstützt, weil sich laut Ulla Wessels durch den Wechsel des Wohnortes die entsprechenden zwei Jugendämter nur bedingt zuständig fühlten. „Bürokratie gehört obendrein zu den Problemen, mit denen wir täglich zu kämpfen haben“, bedauert sie.

Direkt nach der Entbindung war die junge Frau im Teenageralter in das Mutter-Kind-Heim gezogen. „Ich finde es gut, dass es solche Einrichtungen gibt, in denen man sich um junge Mütter kümmert und die Chance geboten wird, sich gemeinsam mit dem Kind zu entwickeln, um auf eigenen Beinen stehen zu können“, weiß sie im Rückblick durchaus zu schätzen. „Die Pädagogen dort helfen den Jungen erwachsen zu werden.“ Aber sie spricht auch offen von Schattenseiten. Dass Regeln einzuhalten seien, war ihr klar. Aber sie spricht von sinnloser Bevormundung, ständiger Beobachtung und Verhaltenskritik und Tadel, was alles Niederschlag in Berichten fand, ohne Einblick und Chance auf Erklärung und Widerspruch zu erhalten.

„Auch in intakten Familien stehen gerade kleinere Kinder schon mal beim Essen auf. Da würde keiner auf die Idee kommen, die Mütter anzumachen, sie müssten ihre Kinderständig im Griff haben.“ Die ganze Zeit habe über allem wie ein Damoklesschwert der angedrohte Entzug des eigenen Kindes geschwebt. Es sei sogar vorgekommen, dass eine Mutter in der Nacht von Betreuern geweckt und zu einem ernsten Gespräch geholt wurde, weil sie vergessen hatte, die Klospülung zu betätigen.

Dagegen habe es andere Situationen gegeben, in denen Mütter ihren eigenen Kindern gegenüber übergriffig geworden seien und sehr wohl korrigierendes Eingreifen geboten gewesen wäre, was aber unterblieb, so der Vorwurf. Stattdessen hätten Pädagogen vor den Müttern und den Kindern das weitere Vorgehen miteinander hin- und herdiskutiert, ohne etwas zu tun, oder aber Witze gemacht und Mütter regelrecht schikaniert. „Es ist eben ein großer Unterschied, Pädagogik zu studieren und Muttersein in der Theorie durchzukauen, statt selbst in der Situation zu sein.“

Die junge Frau wurde Sprecherin einer Intensivgruppe und nahm in dieser Funktion an Besprechungen mit Pädagogen und der Heimleitung teil. Dort wurden auch Mitteilungen, die anonym in einem Kummerkasten landeten, durchgesprochen. Eine aus ihrer Sicht sinnvolle Einrichtung. Leider meist ohne Konsequenzen, bedauert sie. So sei es letztlich schwierig gewesen, etwas für andere zu tun. Dagegen sei nach ihrer Erfahrung Kritik an den Pädagogen oft krumm und persönlich genommen worden. Mittlerweile hat die junge Frau den Haupt- und den Realschulabschluss nachgeholt. Was will sie werden? Erzieherin! „Ich möchte auf diese Weise als Dank etwas der Allgemeinheit dafür zurückgeben, dass ich eine Chance bekommen habe, mich zu entwickeln“, begründet sie ihre Entscheidung und legt lachend nach, dass sie nun die vielfältigen Erfahrungen, die sie im Guten und Schlechten gemacht hat, einbringen kann. Da dürfte sich manch zukünftiger Kollege warm anziehen. Und das ist gut so, findet auch Kinderschutzbund-Geschäftsführerin Ulla Wessels.

Selbsthilfegruppe angesiedelt beim Kinderschutzbund

von Herr Stüber (Aachener Nachrichten)

Nordkreis Nicht immer haben Kinder in Heimunterkunft verständnisvolle Unterstützung erfahren. Eine Selbsthilfegruppe, angesiedelt beim Kinderschutzbund, möchte Anlaufstelle für Betroffene sein, denen Schlimmes widerfahren ist.

Es gibt Bücher und Filme, Interviews und Berichte mit und über ehemalige Heimkinder, denen in ihrer Jugend Schlimmes angetan wurde. Es geht um Aufwachsen in Lieblosigkeit, kalte Strenge, die Erfahrung von Gewalt, Misshandlung und Missbrauch, schwere Arbeit und vorenthaltene Bildung. Das hat lebenslange Spuren hinterlassen. Aber es ist schon eine andere Qualität, einem der Betroffenen persönlich zu begegnen und zu erleben, welche Kraft und Mut dazu gehören, öffentlich über das eigene Schicksal zu sprechen – und obendrein anderen Opfern zu helfen. Ernst Christoph Simon ist einer von ihnen. Er ist ein Ansprechpartner der Selbsthilfegruppe Ehemaliger Heimkinder in der Städteregion Aachen (SEHKA), die in der Geschäftsstelle des Kinderschutzbundes an der Bardenberger Straße in Würselen untergebracht ist (siehe Info). Der studierte Diplom-Betriebswirt ist zudem Mitglied im begleitenden Arbeitskreis ehemaliger Heimkinder beim Landschaftsverband Rheinland, der sich seit Jahren mit der Thematik befasst.

Da geht es unter anderem um Fragen der Anerkennung und der Entschädigung. „Die Selbsthilfegruppe hier befindet sich noch im Aufbau“, sagt Simon. Der Kinderschutzbund in Würselen mit Geschäftsführerin Ulla Wessels ist seit Herbst 2020 Anlaufstelle für die Region und bietet in Kooperation mit dem LVR Förderung bei allen Fragen rund um diese Zeit an. Verbunden ist damit ein Netzwerk von Betroffenen und Fachleuten. Traumatische Erlebnisse wollen aufgearbeitet werden, Betroffene wollen ihren Frieden finden – endlich. Für ältere ehemalige Heimkinder entsteht zusätzlich im Alter die „Bedrohung“ einer erneuten Heimunterbringung – jetzt in einem Alters- oder einem Pflegeheim.

„Wir sind zur Verschwiegenheit verpflichtet“, sichert er zu und ermutigt Betroffene, sich zu melden. Die durch die Pandemie bedingten Einschränkungen haben die Arbeit zwar behindert. So sind die Angebote der Selbsthilfegruppe zunächst nur von wenigen wahrgenommen worden. „Wir wissen aber, dass ein großer Bedarf da ist.“ Gerade durch Berichterstattung zu Verschickungskindern und Missbrauchsfällen in kirchlichen Einrichtungen kommen die Erinnerungen hoch. Zudem sind Opfer von damals mittlerweile in die Jahre gekommen, in denen man Lebensbilanz zieht und sich Verdrängtes wieder in den Vordergrund schiebt, alte Ängste und Gefühle inbegriffen.

Simon hat acht Jahre Heimerziehung erlebt, die er ohne den Beistand seines älteren Bruders nicht überstanden hätte, wie er bekennt. Sein erschütternder Bericht ist unter https://sehka.org/biografie nachzulesen. Sicherlich sind die Verhältnisse in den Heimen von damals nicht mit denen von heute zu vergleichen, betont Simon: „Subtile Quälerei gibt es aber immer noch.“ Strafen seien aber völlig ungeeignet, um Kinder gesellschaftsfähig zu machen. Er will dazu beitragen, Opfern Gehör zu verschaffen und ihnen Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. „Es gibt uns. Wir sind da!“ Seiner Erfahrung nach gebe es eine „Machtasymmetrie“ in der Kinder- und Jugendhilfe. Freie Initiativen stünden in Konkurrenz mit der öffentlichen Jugendhilfe. Er tritt nun für einen „Austausch auf Augenhöhe“ ein. (ks)